Die zwölfjährige Myrtle Hardcastle ist eine leidenschaftliche Verfechterin der Gerechtigkeit und verfügt über eine höchst unkonventionelle Besessenheit von der Kriminalwissenschaft. Bewaffnet mit den Gesetzesbüchern ihres Vaters und dem Mikroskop ihrer Mutter studiert Myrtle Toxikologie, hält sich über die neuesten Entwicklungen in der Tatortanalyse auf dem Laufenden und beobachtet ihre Nachbarn in der ruhigen Kleinstadt Swinburne in England. Als ihre Nachbarin, eine wohlhabende Witwe und exzentrische Züchterin seltener Blumen, unter mysteriösen Umständen stirbt, ergreift Myrtle ihre Chance. Unterstützt von Miss Ada Judson, ihrer unerschütterlichen Gouvernante, will Myrtle den Mord an Miss Wodehouse beweisen und den Mörder finden, auch wenn ihr sonst niemand glaubt – noch nicht einmal ihr Vater, der Staatsanwalt der kleinen Stadt. Die viktorianischen Regeln für junge Damen aus gutem Hause reizt sie bei ihren Ermittlungen bis zum Äußersten aus, gerät mehr als einmal in brenzlige Situationen und weiß bald kaum mehr, wem sie eigentlich noch trauen kann. Doch dank ihrer Cleverness und nicht zuletzt mithilfe der Katze der ermordeten Nachbarin findet Myrtle schließlich entscheidende Hinweise …
Hinter großen Detektiven wie Sherlock Holmes oder Hercule Poirot muss sich Myrtle Hardcastle wahrlich nicht verstecken und begeistert Leserinnen und Leser auf der ganzen Welt.
Nachdem ich bereits Bände von Enola Holmes und Flavia de Luce gelesen hatte, in denen clevere junge Mädchen teils äußerst brisante Fälle lösten, machte mich Myrtle und ihr Wissendurst nach allem, was mit Kriminaltechnik zutun hat, echt neugierig. Ich war gespannt, ob man es schaffte einen sympathischen Charakter mit interessanten, aber eben noch altersgerechten, Fakten zu kombinieren.
Und tatsächlich schaffte man dies. Bei mir jedoch nicht ab der ersten Seite, denn gerade zu Anfang hatte ich ein wenig mit dem Schreibstil und der Einbindung der Figuren zu kämpfen. Als ich dann aber einmal drin war, konnte ich nicht mehr vom Buch lassen. Myrtle wurde mir trotz ihrer immensen Neugier und dem Drang als Erwachsene wahrgenommen zu werden, immer sympathischer. Sie hatte Humor, hatte das Herz am rechten Fleck und zudem ein echt gutes Auge. Ebenso sympathisch war ihre Gouvernante, welche eine tolle Mischung aus Lady und Abenteuerin war. Allgemein konnte ich mich bei den Charakteren nicht beklagen, denn diese waren abwechslungsreich und boten von mega sympathisch bis zum puren Abscheu alles.
Auch die Zeit schaffte es mich zu fesseln, denn wie auch Enola Holmes wehrt sich Myrtle gegen die Regeln, welche besonders für Frauen im viktorianischen Zeitalter galt. Um so schöner war da die Tatsache, dass man sich für eine Epoche entschied, in welcher eben auch Frauen Berufe ausüben durften, die früher nur Männer vorbehalten waren. Diesen geschichtlichen Aspekt mit hineinzunehmen, finde ich in der heutigen Zeit wirklich gut gewählt.
Doch kommen wir zum wichtigsten, nämlich Myrtles ersten Fall und somit auch dazu wie das Buch aufgebaut war. Hier muss ich ganz klar sagen, dass ich es spannend fand, es aber zwischendurch wirklich sehr lang gezogene Abschnitte hatte. Diese führten dann auch dazu, dass der rote Faden immer mal wieder von seiner Bahn rutschte. Das beste Beispiel dürfte hier wohl Prisciilla sein, deren Hintergrundgeschichte mich ehrlich gesagt völlig irritierte. Als Entschädigung gab es zum Glück die Kapitelanfänge, bei welchen man Auszüge aus einem Kriminalbuch lesen konnte, welches die erwachsene Myrtle geschrieben hatte. Man merkt, es gab hier für mich ein paar Ecken, aber da die Handlung und auch das befriedigende Ende viel Spaß gemacht hatten, werde ich mit Freude wieder zu Myrtle greifen.
Mein erster Ausflug in die Welt er Myrtle Hardcastle war auf jeden Fall ein Erlebnis. Zwar hatte ich am Anfang und in der Mitte ein wenig mit dem Schreibstil und dem Verfolgen des roten Fadens zu kämpfen, aber da der Band eine witzige Geschichte erzählte, die dazu auch noch spannend war. Zudem lieferte man mit Myrtle eine gelungene Hauptcharakterin ab, die im Bereich Kriminalitätsaufklärung einiges auf dem Kasten hatte. Wer also mit Enola und Flavia schon gute Erfahrungen gemacht hat, dürfte auch mit Myrtle viel Freude haben.

