„Alle meine Kinder“

Autor:Herrad Schenk
Preis: 12,99 €
Einband: Taschenbuch
Genre: Roman
Seitenanzahl: 187 Seiten
Veröffentlichung: 08.08.2016
Verlag: Suhrkamp Insel Verlag
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Friederike Beaufort, eine Frau in ihren besten Jahren mit bewegter Vergangenheit, steht kurz davor, ihr Landhaus mit Garten gegen eine seniorengerechte Wohnung in der Stadt einzutauschen. Beim Räumen und Ausmisten des großen Hauses werden Erinnerungen wach: an die wilden Studienjahre mit feucht-fröhlichen Festen und wechselnden Liebhabern; an die Demos der Frauengruppen; aber auch an den Verlust von geliebten Menschen und den quälenden Kinderwunsch, der ihr Leben zunehmend beherrschte. 
Doch es ist nicht die Zeit, irgendwelchen Gedanken nachzuhängen. Mit dem Umzug lässt Friederike die Vergangenheit endgültig hinter sich und startet selbstbewusst durch in ihre Zukunft, in ein komplett neues Leben …
Gibt es Themen in der heutigen Gesellschaft die immer noch nur ungerne angesprochen werden?Vielleicht weil sie einem peinlich sind obwohl sie für einen selbst total normal erscheinen?Oder weil man sich durch deren Nennung eingestehen muss doch nicht perfekt zu sein?
Monogamie, Retortenbabys, Eheberatung oder auch die Verarbeitung von Trauer sind heute noch schwierige Themen auch wenn sie schon solange existieren.
Diese wiederum in ein Buch zu packen finde ich dann schon recht mutig.
Denn im Buch geht es um Friederike welche sich mit alledem auseinandersetzen muss und einen dadurch einen Einblick in ein Leben gibt welches wir so vielleicht garnicht kennen.
Zumindest ich kam durch das Lesen oftmals in die Bredouille, da ich garnicht die Kraft hätte um Friederikes Leben zu leben. Schon allein die Vorstellung hin und wieder eine Affäre zu haben von der mein Partner auch weiß und es genauso umgekehrt passiert, ist für mich momentan absolut undenkbar. Vielleicht liegt es daran das aus einer Affäre mehr werden kann aber der Faktor Eifersucht wäre anführend. Paare die dieses Leben leben beneide ich teilweise aber schaue auch mit Argwohn auf sie, auf jeden Fall habe ich kein Problem damit wenn andere diese Art von Beziehung führen. 
Kommen wir noch einmal zu Friederike welche mit 66 Jahren ihr Haus verkauft und in eine Wohnung zieht. Das gerade bei Umzügen Schätze wieder zum Vorschein kommen, mit denen man nicht gerechnet hat kennt glaube jeder und genauso ist es bei ihr. Sie findet beim ausmisten des Dachbodens ihre alten Tagebücher und lässt sich von ihnen in ihre Vergangenheit zurück gleiten. Wir wechseln nun des öfteren zwischen der jüngeren und der älteren Friederike hin und her und erfahren zum einen was sie alles durchlebt hat und zum anderen wie sie heute darüber denkt. Gerade diese Denkübergänge sind vielschichtig und ließen mich oftmals nachdenklich werden. Denn ich führe zwar kein Tagebuch, aber trotzdem bin ich gespannt wie ich in ein paar Jahrzehnten über mein vergangenes Leben denken werde.
Gerade die Beschreibungen wie sie und ihr Mann Ernst in Polygamie leben und damit gegenüber so offen umgehen beeindruckte mich sehr. Zu lesen wie die beiden sich lieben, eine Einheit bilden und doch auch mal mit jemand anders ihren Spaß haben ist erschütternd, aber fesselte mich nur um so mehr. 
Das zweite große Thema des Buches ist der Versuch des schwanger werden´s. Ein Thema das anderen nur ein müdes lächeln abringt da sie bereits 3 Kinder haben oder aber zur Härteprobe für die Beziehung wird, wenn es einfach nicht klappen will und der Wunsch nach einem Kind einen gerade zu auffrisst. Auch hier wechseln wir immer wieder zwischen den beiden Friederike´s hin und her und können erlesen wie Kräfte zerrend es ist etwas zu bekommen was anderen einfach in den Schoss fällt. Gerade die Passage ließ einen dicken Schleier der Gedanken über mich sinken, da ich selbst schon langsam auf die 30 zu gehe und noch keine Kinder besitze.
Allgemein strotzt „Alle meine Kinder“ nur so vor Ehrlichkeit, der Wahrheit und Mitgefühl. Ich habe selten ein Buch gelesen welches mich so berührt hat. Nicht einmal jetzt fallen mir die passenden Worte ein, die sagen was ich gerade empfinde. Ich schweife immer noch in Friederikes Welt umher um vielleicht auch nur einen Hauch ihrer Stärke zu bekommen.
Denn auch Trauer muss sie verarbeiten und das verlassen geliebter Menschen. Gerade dies ist ein Punkt den jeder selbst bearbeiten muss. Man kann niemanden vormachen wie man trauert oder es ihm erklären.
Aber anhand von Friederike erleben wir eine Trauer die einfach nur echt ist.
Die Personen um die sie trauert und die die ihr Leben verschönert haben sind zahlreich aber alle einfach sympatisch. Man hat das Gefühl ihre beste Freundin zu sein und alles mit ihr hautnah zu erleben. Man vergoss die ein oder andere Träne und hatte doch am Ende ein Lächeln im Gesicht weil ihre Geschichte einfach nur unbeschreiblich endet.


 
 

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